Forum 1 – Kinderschutz und Kinderrechte

Stefan Gesmann (Moderation) – Fachhochschule Münster

Prof. Dr. Kay Biesel – Professor für Kinder- und Jugendhilfe mit dem Schwerpunkt Kinderschutz, Fachhochschule Nordwestschweiz, Hochschule für Soziale Arbeit, Institut Kinder- und Jugendhilfe, Basel

Cordula Lasner-Tietze – Stellvertr. Bundesgeschäftsführerin Deutscher Kinderschutzbund Bundesverband e.V., Berlin

Prof. Dr. Jörg Maywald – Geschäftsführer der Deutschen Liga für das Kind, Honorarprofessor an der Fachhochschule Potsdam und Sprecher der National Coalition für die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention e.V., Berlin

Übergriffe und Grenzüberschreitungen gegenüber Kindern, insbesondere sexueller Missbrauch, Vernachlässigung und  familiäre Gewalt müssen als fundamentale Verletzung der kindlichen Rechtsouveränität und existentieller kindlicher Bedürfnisse begriffen werden. Wie müssen Konzeption und Praxis der Kinderschutzarbeit in Anerkennung der Kinder als Rechtssubjekte mit grundlegenden Verfassungsrechten konkret weiterentwickelt werden?  

Abstracts

Prof. Dr. Kay Biesel

Kinderrechte – eine Gefahr für den Kinderschutz? - Kinderschutz zielt im Kern auf die Befriedigung kindlicher Grundbedürfnisse. Er beinhaltet umfassende, vielfältige Hilfe für Kinder und Eltern. Im Kontext der Durchsetzung von Kinderrechten läuft Kinderschutz jedoch Gefahr, den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Misshandlung, Vernachlässigung und sexuelle Ausbeutung in Familien und in Institutionen als blosse Rechtsverletzungen fehlzudeuten. Welcher Voraussetzungen bedarf es, damit Kinderrechte dazu herangezogen werden (können), Grundbedürfnisse von Kindern und Jugendlichen angemessen zu befriedigen?

Cordula Lasner-Tietze              

Viele Kinder wachsen ingewaltförmigenLebensverhältnissenauf,die sichu.a.imErleben familialer Gewalt, der wachsenden Einschränkungen von Lebens- und Erfahrungsräumen,imschulischen sowie außerschulischenLeistungsdruck,inmedialenGewaltdarstellungen,in derfamilialen finanziellen Unsicherheit und dem damit verbundenen Abbau von Teilhabechancen sowiederBeschränkungvonZukunftschancen zeigen.Das Erleben von Gewalt hat gravierende Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes und verletzt die Rechte des Kindes auf eine gesunde Entwicklung.Eine der wichtigsten Forderungen des Deutschen Kinderschutzbundes ist es deshalb, die Kinderrechte ins Grundgesetz aufzunehmen.Für die Angebote der Kinder- und Jugendhilfe heißt das, Schutz vor Gewalt beginnt mit Prävention. Wirksame und nachhaltige Gewaltprävention setzt voraus, dass Entwicklungen frühzeitig wahrgenommen und erkannt sowie individuelle, familiäre und soziale Notlagen erfasst und bewertet werden. Anschließend setzt Gewaltprävention darauf, Strukturen, Dynamiken und Handlungsweisen durch Information und Aufklärung bewusst zu machen und auf diese Weise im öffentlichen wie im familialen Raum Gewalt zu verringern.Gewaltprävention ist der Oberbegriff für Initiativen und Maßnahmen, die Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen bei der Vermeidung gewalttätiger Auseinandersetzungen helfen und den konstruktiven Umgang mit Konflikten aufzeigen. Gewaltprävention schließt Initiativen und Maßnahmen zur Vermeidung von gesellschaftlich-struktureller sowie institutioneller Gewalt ein.

Prof. Dr. Jörg Maywald             

Das Bundeskinderschutzgesetz hat die Aufgabe pädagogischer Fachkräfte, Kinder vor Gefahren für ihr Wohl zu schützen, mehr als bisher ins Bewusstsein gerückt. Was aber ist unter Kindeswohl zu verstehen und wie kann eine Gefährdung zuverlässig erkannt werden? Um welche Schutzrechte geht es? Wie komme ich mit den Kindern, Jugendlichen und Eltern über Gefährdungen ins Gespräch und welche Hilfen stehen zur Verfügung? Was tun, wenn Hilfen nicht angenommen werden oder nicht ausreichen? Wie muss die Zusammenarbeit mit anderen Diensten und Einrichtungen gestaltet werden? Auf welche Weise kann der Kinderschutz zur Aufklärung und zur Bewusstseinsbildung über Kinderrechte beitragen?